Interview mit Bernhard Thiel – Teil 1

Auch das Regenwetter kann
Berni´s guter Laune nichts
anhaben. 🙂

Wer Berni noch nicht kennt, der hat es bisher verpasst einen unglaublich positiven, energiegeladenen, witzigen, freundlichen, musikalischen und vor allem herzlichen Menschen kennen zu lernen.
Die allermeisten Leser werden Berni allerdings schon länger kennen und können meine für ihn gewählten Adjektive deshalb sicher bestätigen und viele werden auch noch einige weitere positive Adjektive finden, die Berni gut beschreiben.
Gerade weil Berni so ein toller Sportfreund ist, waren wir vor 4 Jahren sehr glücklich, als Berni gefragt hat ob er nicht in seine alte Wirkungsstätte zurück kehren „darf“.
Obwohl er in Berlin wohnt und seine Anreise somit nicht die kürzeste ist, entschied er sich für diesen Schritt und bereichert seitdem mal wieder unseren Verein.

Richtig traurig waren wir dann allerdings im letzten Jahr, als wir von Berni´s Krebserkrankung erfuhren.
Seit über einem Jahr kämpft er nun schon gegen den Krebs und wir wissen alle, wenn einer diesen Kampf gewinnen kann, dann unser nimmermüder Kämpfer Berni.

Da Berni ein unglaublich interessantes und erfolgreiches TT-Leben hinter sich und natürlich hoffentlich auch noch etwas vor sich hat, und weil natürlich auch möglichst viele Menschen die Chance haben sollen ihn so gut wie möglich kennen zu lernen, wenn wir es aktuell schon nicht persönlich können, habe ich mich entschieden mit Berni ein Interview zu führen.

Aufgrund der Länge und der Zeit die Berni für die Beantwortung braucht, wird es in mehrere, wahrscheinlich vier, Teile veröffentlicht.
Heute beginnen wir mit Teil 1:

Hallo Berni. Schön, dass du dir die kostbare Zeit für die Beantwortung der Fragen nimmst.
Bevor wir so richtig mit dem Interview loslegen, wird es sicherlich viele interessieren, wie es dir aktuell geht. Für die, die dich bzw. deinen Gesundheitszustand noch nicht kennen, kannst du diesen gerne auch nochmal schildern.

Berni:
Durch eine Routine-Untersuchung wurde bei mir Ende 2019 ein Prostata-Problem festgestellt.
Eine Biopsie brachte dann Gewissheit – Prostatakrebs!
Nach mehreren speziellen bildgebenden Untersuchungen stellte sich heraus, dass eine Prostatektomie auf Grund von Metastasierung leider nicht mehr möglich bzw. sinnvoll ist.
Seitdem werde ich onkologisch behandelt.
Ich versuche mich der Situation so aktiv wie möglich zu stellen und habe dabei in Heike großen Halt und Unterstützung.
Die Auswirkungen meiner derzeitigen Chemotherapie sind in der Stärke täglich unterschiedlich wahrnehmbar, aber zu ertragen.


Du bist einer der TT-Verrücktesten Menschen, die ich kenne. Wie ich bereits weiß, hat das u.a. auch mit dem mindestens ebenso TT-verrückten Willi Koch zu tun. Doch erzähle uns doch mal wie und wann bist du zum Tischtennis gekommen?

Berni:
In meinem Heimatort Heide (rund 400 Einwohner) – ein durch die Braunkohle geprägter Ortsteil von Wiednitz – hatte der TT-Sport so ab 1950 echtes „Zuhause“.
Hier trat ich am 01.09.1960 der Sektion Tischtennis der BSG Aktivist Heide bei (Jahresbeitrag 2,40 DDR-Mark 😊)
Sektionsleiter Kurt Quosdorf widmete jede freie Stunde dem TT-Sport und war ein großartiger Begleiter in meinen früheren TT-Jahren. Auch alle meine fünf Geschwister erlernten das „Pingpong“-ABC in der im Bezirk Cottbus gefürchteten TT-Baracke „Am Wasserturm“!
Hier kämpften und schwitzten bereits Wolfgang Vater und Heinz Ampft und holten viele DDR-Meistertitel bei den Schülern und in der Jugend, ehe sie den Weg über Lok Leipzig nach Stahl Finow fanden.
Leider war ich noch zu jung, so dass es damals mit ihnen kaum Kontakt gab.

Die Familien Thiel und Koch standen sich durch Chor, Sport und Freundschaft sehr nahe. So hatte ich das Glück, von Willi Koch – für mich das Motivationsgenie überhaupt – trainiert zu werden!
In seiner unnachahmlichen Art „infizierte“ er mich für das Spiel an der grünen Platte.
Das hat sich bis heute bei mir bewahrt.
Durch einen Wohnortwechsel der Familie Koch, trennten sich viel zu früh unsere Wege. Ich litt damals sehr darunter.
In deinen besten Jahren warst du ja ein ganz „passabler“ 😉 Tischtennisspieler.
Wo hast du dich letztendlich so entwickelt und was hast du dafür investiert?

Berni:
Mit knapp 16 Jahren wechselte ich – für meine Mutti war es besonders schwer – zum TT-Leistungsclub Carl Zeiss nach Jena. Hier traf ein talentierter und hochmotivierter Berni auf ein freundschaftliches sportlich qualifiziertes Umfeld.
Mit meinem damaligen Trainingspartnern Klaus Auerswald, Wolfgang Reschke und Wolfgang Rauscher habe ich bis heute freundschaftlichen Kontakt.
Wir puschten uns damals im Training gegenseitig. Wenn es zeitlich möglich war, machte ich des Öfteren am TT-Roboter zusätzliche Topspin-Einheiten (367 Topspins am Stück gegen Unterschnitt war meine Bestleistung!).
Ich trainierte gern – war zielorientiert, leistungsbereit und belastbar und hatte anfangs mit Adolf Geburzky und später vor allem mit Bobby Schwarz harte, erfolgsorientierte, menschlich integre Trainerpersönlichkeiten an meiner Seite. Leistungssprünge blieben nicht aus. Das zeigten auch meine guten Bilanzen in der Oberliga (höchste Spielklasse in der DDR).
So blieb es nicht aus, dass die Verbandstrainer ein Auge auf mich warfen. In diese Zeit fiel auch die Umstrukturierung des DDR-Sports in olympische und nichtolympische Sportarten mit den entsprechenden finanziellen Ungleichgewichten (Anm. d. Red.: Tischtennis gehörte zu den Nichtolympischen Sportarten)
Es kam zu einer Neuorientierung des DTTV der DDR und des Nationalkaders. Ich wurde berufen und nahm mit 16 Jahren (1969) aktiv an den internationalen polnischen Meisterschaften teil!
Meine beiden Jugendeinzelmeistertitel 1970/71 waren für mich zusätzliche Motivation, weiter hart an mir zu arbeiten.
Zu meiner Zeit war meine Freizeit mit sportlichen Aktivitäten ausgelastet und ich verspürte keinen Mangel (höchstens am Westfernsehen 😉 ).
Vor meinem Regelstudium (Sport/Bio) hatte ich in Jena 3 Jahre Feinmechaniker mit Abi gelernt (21 Fächer!). Also an der Belastung kann es nicht liegen, dass viele Kinder und Jugendliche den sportlichen Sprung nicht hinbekommen. Vermutlich sind es heute die vielfältigen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, die die Kids zu doll ablenken. Vielleicht sind wieder „Motivationskünstler“ gefragt!?

Weiter geht es demnächst mit Teil 2 des Interviews. 🙂